„Rechtsfreier Raum Forensik“? – „Runder Tisch“ der kbo-Klinik Taufkirchen
(Gemeinsame
Presseerklärung – abgestimmt mit allen Beteiligten)
Auf
Initiative der Leitung des kbo-Klinikums Taufkirchen (Vils) fand am
12.08.2013 ein „Runder Tisch“ zum Thema Maßregelvollzug/Forensik
im Neubau der Klinik für forensische Psychiatrie und Psychotherapie
in Taufkirchen statt.
Im
Einladungsschreiben zu diesem Runden Tisch hieß es:
„… in
der (nicht zuletzt durch den „Fall“ Gustl Mollath) öffentlich
geführten Diskussion über den Maßregelvollzug („Forensik“)
gibt es aus unserer Sicht zahlreiche Missverständnisse bzw. Anklagen
und Vorwürfe, die mit der Realität des Maßregelvollzuges nichts
bis wenig zu tun haben.
Unsere
Klinik ist – im Sinne unseres „Leitbildes“ – um Offenheit und
Transparenz bemüht. Wir haben nichts zu verbergen und sind gerne
bereit, uns auch mit kritischen Meinungen auseinanderzusetzen ...“.
An
dem von Frau Rechtsanwältin Lorenz-Löblein auf Bitten der
Klinikleitung moderierten „Runden Tisch“ nahmen (in
alphabetischer Reihenfolge) teil:
-
Herr Badura (Pflegedienstleitung Forensik),
- Frau
Dr. Binder (Oberärztin der Forensik),
-
Herr Prof. Dose (Ärztlicher Direktor des kbo-Isar-Amper-Klinikums
Taufkirchen),
- Frau
Dr. med. Fick (Menschenrechtsbeauftragte der Bayerischen
Landesärzte-kammer),
-
Frau Haas und Frau Tagwerker (Patientinnen der Forensik; mit der
Veröffentlichung ihres Namens einverstanden)
- Herr
Hemmersbach (Geschäftsführer des kbo-Isar-Amper-Klinikum),
- Frau
Herrmann (Angehörigengruppe Forensik Taufkirchen),
- Frau
Klein (Chefärztin, Leiterin des Maßregelvollzugs in Taufkirchen
seit 01.07.2013),
-
Herr Letsch (Zusammenschluss Bayerischer Bildungsinitiativen),
- Herr
Lüttecke (verantwortlich für die Öffentlichkeitsarbeit am
kbo-Isar-Amper-Klinikum),
- Frau
Pfarrerin Oefele (Seelsorgerin an der Klinik Taufkirchen),
-
Frau Winter (Landesverband Bayern der Angehörigen psychisch Kranker
e.V.),
-
Eingeladen
waren außerdem Vertreter des Netzwerks Psychiatrie e.V. (München),
die Initiative Bayerischer Strafverteidigerinnen und Strafverteidiger
e.V., Vertreter der Münchner Psychiatrie-Erfahrenen (MüPE) e.V.,
die Vereinigung demokratischer Juristinnen und Juristen e.V.
(vertreten durch Frau RA’in Lorenz-Löblein), sowie die
„Interessenvertretung Inhaftierter (Iv.I.)“, die jedoch nicht
erschienen. Fritz Schuster (Bundesverband der Psychiatrie-Erfahrenen
und „Initiative Inhaftierter“) hatte Frau Lorenz-Löblein seine
Teilnahme als „Telefongast“ angekündigt, sich aber nicht (wie
vereinbart) bei der Klinik gemeldet.
Nach
einer „Vorstellungsrunde“ hatten die einzelnen Teilnehmer
Gelegenheit, ihre Fragen und Anregungen vorzutragen.
Dabei
ging es (von Seiten der „Angehörigengruppe Forensik Taufkirchen“)
insbesondere um die Frage der Vermeidbarkeit von Isolierungs- und
Fixierungsmaßnahmen, zu denen die Klinikleitung ausführte,
Isolierungen und Fixierungen würden – entsprechend
unternehmensweit geltender „Richtlinien“ – ausschließlich in
nicht vermeidbaren Situationen eingesetzt und seien in diesen
Situationen auch in der Regel nicht vermeidbar.
Von den anwesenden
Patientinnen (eine von ihnen war selbst schon einmal fixiert worden)
wurde eingebracht, Isolierungen und Fixierungen hielten sie auch zum
Schutz der Mitpatientinnen für richtig, da es immer wieder auf den
Stationen zu bedrohlichen Situationen durch aggressive Patientinnen
komme.
Diese würden manchmal Angst erzeugen, und man sei dann als
Patientin froh, wenn man durch Eingriffe des Personals (die sich die
Patientinnen gelegentlich zu einem früheren Zeitpunkt wünschen
würden) geschützt werde. Außer den beiden anwesenden Patientinnen,
Frau Herrmann und Frau Lorenz-Löblein hatten nur die anwesenden
Mitarbeiter des BKH jemals mit Personen mit Fixierungserfahrung
gesprochen.
Um
zu diesem Thema „Transparenz“ zu schaffen sprach die
Klinikleitung an alle Beteiligten des „Rundes Tisch“ die
Einladung aus, sich durch eine „Hospitation“ auf einer der
Forensik-Stationen ein eigenes Bild von den Verhältnissen zu machen.
Die Hospitation sollte mindestens eine Woche dauern, um ein reales
Bild über die Gegebenheiten auf Station zu vermitteln.
Frau
Dr. Fick führte aus, dass sie von der Klinikleitung gebeten worden
sei, die (öffentlich bezüglich „Menschenrechtsverletzungen“
etc.) gegen die Klinik gerichteten Vorwürfe zu überprüfen und dass
sie dazu in ihrer Funktion als „Menschenrechtsbeauftragte der
Bayerischen Landesärztekammer“ auch bereit sei. Sie wolle in den
nächsten Tagen versuchen, zu der Klage führenden Patientin Ilona
Haslbauer Kontakt aufzunehmen und sie bei diesem Gespräch auch darum
zu bitten, die Klinikleitung von der ärztlichen Schweigepflicht zu
entbinden, damit auch diese eine Stellungnahme zu diesen Vorwürfen
abgeben könne.
Bislang hatte Frau Haslbauer nach Bericht der
Klinikleitung diese erbetene Entbindung von der Schweigepflicht
verweigert. Zwischenzeitlich hat (Information durch Frau Dr. Fick)
ein Gesprächsversuch von Frau Dr. Fick stattgefunden, den Frau H.
nach Angaben Frau Dr. Ficks „vehement abgelehnt“ hat.
Von
Herrn Letsch (Zusammenschluss bayerischer Bildungsinitiativen) wurde
vorgetragen, dass die öffentlich gemachten Vorwürfe von Frau
Haslbauer die Zusammenschlüsse der „Psychiatrie-Erfahrenen“ sehr
beunruhigen würden und man sich diesbezüglich eine Aufklärung
wünsche. Bei den Unterstützern gebe es keine einheitliche
Sichtweise der Situation.
Die
Klinikleitung führte dazu aus, man sei gerne bereit, zu allen
Vorwürfen umfangreich Stellung zu nehmen und Transparenz zu
schaffen. Voraussetzung sei allerdings zuerst, dass pauschal erhobene
Vorwürfe konkretisiert würden und dass Frau Haslbauer die schon
lange eingeforderte Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht
erteile, da sonst nur zu konkreten, öffentlich erhobenen
Einzelvorwürfen Stellung genommen werden könne.
Von
Seiten der Klinikleitung wurde auf die seelische Belastung und
verunsichernde Wirkung der in der Öffentlichkeit (zumeist
unhinterfragt) pauschal erhobenen Vorwürfe berichtet. Es wurde
darauf hingewiesen, dass „Patientenbefragungen“ in der
Forensischen Klinik das Ergebnis erbracht hätten, dass sich die
große Mehrheit der Patientinnen in der Klinik für forensische
Psychiatrie und Psychotherapie in Taufkirchen korrekt und „fair“
behandelt fühlt.
Dass es in einem derart spannungsreichen
Arbeitsgebiet auch von Seiten der Mitarbeiter/-innen zu Fehlern und
Versäumnissen kommen könne, sei unausweichlich. Dennoch sei man von
Seiten der Klinikleitung durch interne Möglichkeiten wie
„Patientenfürsprecher“, Seelsorge, Beschwerdemanagement etc.
darum bemüht, den Patientinnen die Möglichkeit zu geben, Klagen und
Beschwerden an unabhängige und neutrale Personen heranzutragen, die
dann auch zur Aufklärung im Gespräch mit der Klinikleitung
verpflichtet seien.
Insgesamt
trug der „Runde Tisch“ dazu bei, das gegenseitige Verständnis
für die unterschiedlichen Standpunkte und Sichtweisen zu stärken.
Die Mitarbeiter der Klinik bekannten sich zur „konsequenten
Inkonsequenz“, d.h. starre Regeln werden verantwortlich ausgelegt
und es gibt (im Interesse der Patientinnen) Abweichungen. Die
Patientinnen stimmten dieser Aussage zu und betonten, dass dieses
gerade der menschliche Aspekt der Klinik sei.
Besuchs-
und „Hospitations-Möglichkeiten“ wurden konkret besprochen und
es wurde vereinbart, den „Runden Tisch“ zur Stärkung der
Transparenz und des gegenseitigen Vertrauens auch in Zukunft
weiterzuführen.
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